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Theater ist Liebe und …

Interview mit Petra Vögtli aus der Recherche-Gruppe
Seit März 2023 trifft sich die Recherche-Gruppe im Theater Süd. Die Teilnehmerinnen tasten sich auf unterschiedlichste Weise an das Thema «Zukunft Zuhause» heran. Sie stöbern im Internet, in Bibliotheken oder in den eigenen Erinnerungen. Sie schauen sich Filme an, collagieren, performen, interviewen Leute und giessen die aufgespürte Essenz in eine Textform.

 Wir haben Petra Vögtli, eine Teilnehmerin der Recherche-Gruppe, über das Projekt «Zukunft Zuhause» ein wenig ausgefragt:

 1. Was gefällt dir an der Recherche-Gruppe?

 Ich spüre in der Gruppe einen Sinn für das Spiel mit Wörtern, Gedanken und Geschichten. Das gefällt mir. Nach jedem Treffen fühle ich mich bereichert, erfrischt und aufgeräumt, als hätte ich schwimmend einen See überquert. Ich glaube, sowohl das wiederkehrende sich Einfinden und Versammeln, als auch die verbindende Gemeinsamkeit erzeugen dieses Gefühl.

Als ich mich einmal verspätet hatte, traf ich bei meiner Ankunft auf sechzehn Menschen in Stille, jede ein Blatt vor sich, ins Schreiben vertieft. Was für ein Geschenk, dachte ich, sich hier dazusetzen zu dürfen.

2. Welche positiven Erfahrungen und Erkenntnisse konntest du aus der gemeinsamen Zeit ziehen?

Ich staune immer wieder darüber, wie leicht in der Gruppe ein Motor angetrieben und Bewegung erzeugt werden kann. Unter diesem «Amplifikator» rührt mich die Vielfalt anregender und auch unerwarteter Einfälle der anderen.

3. Was bedeutet für dich das Thema «Zukunft Zuhause»?

Beim Wort Zuhause denke ich automatisch an den Ort, wo ich wohne oder aufgewachsen bin. Zuhause erfahren wir Schutz und Geborgenheit. Es ist ein intimer Ort, wo wir uns zurückziehen, Kraft schöpfen und uns entfalten können. Die Sehnsucht nach einem solchen Ort kann uns Menschen ein Leben lang zur Suche und Wanderschaft antreiben. Vielen ist es möglich, ihr Zuhause aus eigenen Stücken zu verlassen und sich mühelos ein neues zu schaffen. Warum fühlen sich die einen nie wirklich zu Hause und andere sind bereits angekommen? Was ist die Essenz dieses Gefühls? Klar können äussere Bedingungen fundamental sein, ein Dach zum Schutz vor Hitze oder Regen, ein gemütliches Bett, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe Menschen, Zugangsmöglichkeiten zu Natur- oder Begegnungsräumen sowie das Mitbestimmungsrecht in einem funktionierenden Rechtsstaat. Dennoch ist das „Zuhausegefühl“ etwas Subjektives. Es ist Kopfsache. Oder sollten wir eher sagen Herzenssache? Wo liegt der Schlüssel zu den notwendigen Werkzeugen dazu in uns verborgen? Diesen in einem womöglich völlig unerwarteten Zusammenhang zu finden, könnte die Reise sein, auf die sich Schauspieler*innen zusammen mit dem Publikum im Theater Süd in nicht allzu ferner Zukunft begeben werden.

Das Wort «Zukunft» stellt für mich vielmehr die Frage nach einem genialen Plan, wonach das Bedürfnis nach einem Zuhause für die gesamte Menschheit, Tier- und Pflanzenwelt umzusetzen ist, im Spannungsfeld von Klimawandel, gegensätzlichen Regierungssystemen, unterschiedlichen Kulturen, der sozialen Schere und schwindenden Ressourcen.

4. Wie hat sich deine Einstellung zum Thema «Zukunft Zuhause» verändert?

Ich nehme mein Zuhause und alles damit Verbundene bewusster wahr. Die traumhafte Aussicht, aber auch die unerträglichen Temperaturen unserer Mietwohnung, die häufigen Abstimmungen in unserem demokratisch organisierten Land, meine Mitbewohner, von denen ich weiss, dass sie sich um mich kümmern, die Zusammenkunft an einem Tisch um eine dampfende Schüssel Spaghetti, das Zusammenfügen mehrerer Puzzleteile ergeben mein Zuhause. Seit ich angefangen habe, mich mit dem Thema zu befassen, sehe ich, wie rasch sich unsere Anspruchshaltung bezüglich dem eigenen Zuhause verändert, in Abhängigkeit zur jeweiligen Lebenslage.

Der Gedanke an die Zukunft der Erde, unser aller Zuhause, beschämt mich. Wir machen es uns sehr leicht, wenn wir dieses Thema einfach ausblenden. Ich wünsche mir allgemein mehr Aufbruchstimmung und neue Lieder, als Kapitulation.

5. Wie involvierst du dich in Zukunft weiter bei Theater Süd?

Im Moment stehe ich an einem Punkt, wo ich mich entscheiden sollte, zwischen der Recherche-Gruppe, der ich angehöre, und der Schauspiel-Gruppe, die unabhängig von uns, etwas Zeit versetzt, an demselben Thema zu arbeiten beginnt. Wir können von der einen Gruppe zur anderen wechseln, wenn wir dies möchten. Möglicherweise habe ich die Entscheidung längst gefällt, will es mir dennoch nicht nehmen lassen, sie bis zum letzten Moment hinauszuzögern.

6. Was liebst du am Theater generell?

Theater ist für mich Liebe und Leidenschaft. Was mich daran fesselt, ist der Drang, die Brisanz, mit der Theaterschaffende eine Geschichte transportieren, so dass sie Leib und Seele, wenn nicht noch mehr, dafür aufs Spiel setzen. Wer dazu bereit ist, sich zu verschenken, einer guten Geschichte wegen, ist entweder verliebt oder etwas verrückt. Und das ist es, was unter die Haut geht.

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